Marlborough Sounds

Der Nordosten der Südinsel ist ein wunderschöner Teil Neuseelands. Tükises Wasser, sandige Buchten, toller Wald, viele Inseln. Problem : die Sounds sind mit dem Auto schwer zugänglich, die Straßen sind kurvig und/oder aus Schotter. Es dauert ewig, an die weit im Norden gelegen Meeresarme zu fahren – Durchschnittstempo vielleicht 30 km/h. Da können 80 oder 100 km gleich mal ein paar Stunden dauern. Vielleicht habe ich deshalb den Zugang bisher nur schwer gefunden.

 

Diesmal ist alles anders. Wir suchen uns eine abgelegene Bucht aus und steuern den kleinen Campingplatz in der Elaine-Bay an. Uns wird auf dem Weg kaum schlecht, aber unser Auto wird ganz schön durchgerüttelt. Leider ist es neblig und trübe und so müssen wir auf die sonst üblichen Fotostopps verzichten. Als wir nach 1000 Kurven dann doch an unserem Zielort anhalten, holt uns zunächst einmal unsere eigene Staubwolke ein. Sie lichtet sich langsam und gibt den Blick auf eine wunderschöne, kleine Bucht frei. Wir inspizieren die Wiese, die vielleicht für 20 Camper Platz bietet. Es gefällt uns hier, Zelt aufbauen !

 

Kurz darauf entdecken wir den Steg. Wir haben gelesen, dass sich dort bei ankommender Flut Rochen zeigen sollen. Wir zücken unsere GoPros und begeben uns ans Ende der Holzplanken. Eine kleine, mit Muscheln überzogene Treppe führt nach unten. Wir lassen unsere Blicke über das Wasser schweifen und es dauert nicht lange, da sehen wir den ersten Schatten im Meer kreisen. Meine Kamera wird eingeschaltet und ins salzige Naß getaucht.

 

Der Stachelrochen scheint an dem blinkenden Gehäuse interessiert zu sein und schwebt genau an meiner Linse vorbei. Yeah, Stachelrochen im Kasten ! Doch damit nicht genug – noch fast eine ganze Stunde setzt sich der Fisch anmutig in Szene. Eine Karriere in Hollywood wäre durchaus denkbar, wenn ich mir so anschaue, wie der Rochen ohne Scheu vor die Kamera tritt. Und irgendwie schafft er es, noch weitere Artgenossen vor die GoPro zu zerren. Brav präsentiert sich einer nach dem anderen und stellt seine Künste zur Schau. Alles in Allem würde ich das als erfolgreiches Casting bezeichnen.

Am nächsten Morgen fahren wir zum nördlichsten Ende der Schotterstraße. Glauben wir unserem Reisführer, soll die Szenerie atemberaubend sein. Wir sehen jedoch außer Nebel und Wolken leider überhaupt nichts. Mehr als eine Stunde quälen wir uns die Gravel Road entlang, weichen Schafen und Kühen aus, die uns trotz eingeschaltetem Licht erst kurz vor dem Zusammenprall bemerken. Das Abendessen muss also wieder aus dem Kühlschrank kommen…

 

Ein paar Kilometer vom Ziel entfernt durchbrechen wir den Nebel und haben freie Sicht : endlich. Wir bewundern die Büsche und Bäume, die unseren Weg säumen. Wo sind die Sounds ? Keine Lücke im Geäst ? Wo bleiben die Lookouts ?

 

 

Als wir die Hoffnung fast schon aufgeben, erreichen wir offensichtlich eine Art Baumgrenze. Der Blick ist frei, wir sehen die grünen Buchten und das in diversen Blau- und Grüntönen schimmernde Meer. Herrlich. Das sind also die Marlborough Sounds in ihrer ganzen Pracht. Wir genießen die Aussicht für ein paar Minuten und machen uns dann wieder auf den Rückweg, da der CP am Ende der Sackgasse sowohl ausgebucht ist, als auch nicht ganz unseren Vorstellungen entspricht.

 

Wir entschließen uns, wieder ganz zurück zur Hauptstraße zu fahren, und dann einen anderen Meeresarm anzupeilen. Nach fast 3 Stunden im Auto, die mich irgendwie an Fahrten im Karussell erinnern, erreichen wir schlussendlich Titirangi.

 

Wir erklimmen einen letzten Hügel und die Sounds toppen die Aussicht der letzten Station noch einmal. Wir blicken hinab auf einen Strand, davor grüner Wald, links und rechts Hügel, das Meer, in der Ferne Inseln und weitere Buchten.

 

Wir wissen jetzt, dass wir am richtigen Ort angekommen sind. So habe ich es mir immer vorgestellt. All die Mühen, die vergeblichen Versuche, die Kurven, der Schotter, der Nebel – auf einmal vergessen.

 

Die Marlborough Sounds machen es dem Autofahrer wirklich nicht einfach, aber jetzt ist es geschafft.

Zugang gefunden – wunderbar !

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