Freedom Camping

Eines der Dinge, die ich an NZ mag, ist das Campen. Eigentlich bin ich nicht der Typ, der kalte Nächte im unbequemen Zelt toll findet. Oder Stechmücken. Oder alte sanitäre Anlagen. Oder kein vernünftiges Dach über dem Kopf, vor allem, wenn es regnet.

 

Aber hier in NZ ist campen etwas anderes. Es ist die beste Art, das Land kennenzulernen und sich die Landschaften und Sehenswürdigkeiten anzuschauen. Ohne Zeitverlust, ohne lange Anreise – man ist sofort mittendrin. Man findet sie einfach überall, Plätze, um die eine oder andere Nacht zu verbringen, draußen. Wenn man etwas Zeit in die Suche investiert, sogar an unglaublich schönen Orten. Weit abgelegen vom Trubel und von Städten oder Dörfern. Wenn man das möchte…

 

Es gibt relativ komfortable Möglichkeiten, inkl. Strom, Aufenthaltsräumen, einer Küche und neuen, im Idealfall heißen, Duschen - und es gibt ganz Einfache. Kein fließendes Wasser, keine Steckdosen. Nur Du und die Natur (was Stechmücken einschließt).

 

Jetzt, da ich „self-contained“ bin, kann ich überall dort stehen bleiben, wo es erlaubt ist. Es ist nicht mehr so wie früher, dass man das Auto quasi ohne zu überlegen irgendwo abstellen kann. Der Anstieg des Touristenstroms und damit verbundene Unannehmlichkeiten haben strengere Regeln hervorgerufen. Verständlicherweise.

 

In den meisten Bezirken gibt es aber weiterhin Stellen, an denen das Freedom Camping ausdrücklich erlaubt ist. Parkplätze in Städten, „Restareas“, Buchten entlang der Straßen, Wiesen, Strände. Mittels zahlreicher Apps ohne Schwierigkeiten zu finden.

 

Langsam komme ich auf den Geschmack, Freedom campen hat einfach etwas. Es ist praktisch, es ist schön, es ist kostenlos. Da die Hochsaison noch nicht begonnen hat, sind die Plätze auch kaum voll, man findet immer eine Stelle, um das Auto zu parken.

 

Nach meinem Besuch auf der Coromandel Halbinsel, zieht es mich in den Westen, in die Gegend des Surfer-Städtchens Raglan. Das Gebiet ist neu für mich. Schöne Strände, schönes Wetter, schöne Wellen. Die Surfer haben ihren Spaß. Da ich kein Brett habe, suche ich mir eine andere Beschäftigung : ich erkunde eine alte Goldmine. Die Gebäude sind bis auf ein paar Fundamente nicht mehr vorhanden. Aber es gibt noch Gleise, Tunnels und Löcher im Boden. Mit meiner Stirnlampe, Kamera und Stativ begebe ich mich unter Tage. Es tropft, es glitzert und es ist kühl in den Tunnels. Gold finde ich keines, aber eine schöne Gelegenheit, im dunklen Stollen mit „Lightpainting“ zu experimentieren.

 

Nach einer ausgesprochen interessanten Fahrt auf einer Schotterstraße entlang der Küste, verbringe ich die Nacht auf einem Hügel neben einem Restaurant-Tankstellen-Laden. Kostenlos.

 

Am nächsten Tag wandere ich zu einem Wasserfall und einer natürlichen Felsbrücke. Beides sehr beeindruckend. Eigentlich habe ich hier im Westen noch mehr Spots auf meiner Liste, entscheide mich auf Grund der Wettervorhersage aber dazu, in den Osten zu fahren. Dort nächtige ich mal wieder am Lake Tutira, direkt neben meinem Lieblingsbaum. Und da ich so langsam wirklich Gefallen am Freedom Camping gefunden habe, bleibe ich danach für mehrere Tage an einem Platz am Strand in der Nähe von Napier. Wie ich am dritten Abend um 22 Uhr von der ans Auto klopfenden Security erfahre, sind nur 2 Übernachtungen erlaubt, meine 3. ist unrechtmäßig. Ich komme mit einer Verwarnung davon und überprüfe am anderen Morgen, ob das Hinweis-Schild, das darauf aufmerksam machen soll, auch wirklich vorhanden ist. Es ist tatsächlich da, am Haupteingang – ich habe bei Ankunft allerdings einen Nebeneingang genommen, dort war und ist nichts zu lesen. Naja…

 

Meine Serie an freien Übernachtungen endet am Castlepoint. Deutlich als ausgesprochen interessanter Foto-Spot auf meiner Karte markiert, nehme ich die Schleife zu dem etwas abgelegenen Leuchtturm gerne in Kauf. Schon die kurze Besichtigung am Nachmittag gefällt mir.

Das Wetter ist regnerisch und stürmisch, und ich überlege mir lange, ob ich die 5 km vom Campingplatz zum Parkplatz am Abend nochmals auf mich nehmen soll, aber am Ende gibt es nur eine Entscheidung : die Chance auf einen möglicherweise bunten Sonnenuntergang an diesem schönen Fleck kann ich mir nicht entgehen lassen. Das Equipment wird gerichtet und ich mache mich auf.

 

Die Belohnung ist überragend. Dunkle Wolken ziehen auf, es windet, der Regen peitscht. Aber die Sonne ist ab und an zu sehen, und die Strahlen brechen durch die Wolken und kreieren eine einzigartige Stimmung. Ich versuche, dem Regen so lange wie möglich Stand zu halten, und erst, als ich eine Regenwand direkt auf mich zufliegen sehe, verschwinde ich im Eilschritt.

Vielleicht ist das der beste Sonnenuntergang, für den ich – im Übrigen als Einziger – je Zeuge war. Ob es stimmt, wer weiß… Was ich aber genau weiß, ist, dass man beim Fotografieren ab und an einfach etwas Glück mit den Bedingungen braucht. Der beste Fotospot, die spektakulärste Landschaft, sind ohne besondere Lichtverhältnisse oder Ereignisse oftmals nur die Hälfte wert.

 

Heute habe ich gelernt, dass es stimmt : Man kann nicht immer die besten Bedingungen haben. Aber man muss sich aufmachen und sich zumindest die Chance auf diese geben. Auf dem Sofa – oder in meinem Fall im Auto – sind die wenigsten wirklich guten Fotos entstanden. Doch wenn man dem Wetter trotzt und sich vielleicht auch selbst überwindet, kann man auch an einem viel besuchten Ort ein nicht alltägliches Foto entstehen lassen. Als mir diese Gedanken durch den Kopf schießen, sitze ich klatschnass im Auto. Ich ziehe die tropfenden Kleider aus und trockne Kameras, Objektive, Stativ und den Rucksack – mit einem breiten Grinsen im Gesicht : die Bilder habe ich mir natürlich vorher schon kurz angesehen, und was ich gesehen habe, gefällt mir :-)

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